Concorde EMOTION

vollkommene Wunschlosigkeit ist für mich ein vollkommener Alptraum, weil sich in ihr nichts bewegt. Noch viel weniger bezeichnend und reichlich prätentiös dagegen ist folgendes, der Sängerin und ehemaligen französische Präsidentengattin Carla Bruni zugeschriebene, Zitat: „Das Paradies, das wären ein französischer Koch, ein britischer Polizist, ein deutscher Manager und ein italienischer Liebhaber. Die Hölle, das sind ein britischer Koch, ein deutscher Polizist, ein italienischer Manager und ein französischer Liebhaber.“ Das Paradies scheint also eng mit der Frage des Glücks verknüpft, natürlich weniger im Sinne von „Glück haben“, sondern vielmehr im Sinne von „glücklich sein“ – aber kann das überhaupt ein Dauerzustand sein? Das Paradies ist, was wir uns darunter vorstellen. Zum Paradies kann wenig gehören. Manchmal reicht ein Reisemobil ... Wir aber können uns aufgrund der obigen Feststellungen dem Paradies noch etwas genauer annähern. „Jeder ist seines Glückes Schmied“, sagt der Volksmund. Diese mit entzückender Prägnanz formulierte Weisheit suggeriert, dass man Glück, wenn schon nicht kaufen, so doch irgendwie machen, will sagen: beeinflussen kann. Von dieser Überzeugung leben ganze Ratgeberindustrien und Mentaltrainer-Kompanien, doch leider ist sie falsch. Wenn das Ziel das Paradies sein soll, so ist vielmehr eine andere Einsicht richtig, die der einsam ragende Dichter Thomas Mann in seinem Roman „Königliche Hoheit“ in folgenden unvergesslichen Ausdruck gebracht hat: „Das Glück ist ein Dienst – das Gegenteil davon ist ungleich bequemer.“ WAS IST DENN NUN DAS PARADIES? Wir sind nicht wirklich schlauer als am Anfang. Dass jemand, der Glück hat, nicht glücklich sein muss und dass des Lebens Glückskinder im seltensten Fall die sind, die in der Lotterie gewinnen, sind ja auch nur atmosphärische Erkenntnisse. Aber vielleicht ist Glück überhaupt zum größten Teil Atmosphäre, weiter nichts, und wir jedenfalls tun nun das, was man immer macht, wenn man keinen anderen Ausweg weiß: Wir schließen mit jenem berühmten Ausspruch aus Schillers „Don Carlos“: „Ein Augenblick, gelebt im Paradiese, / Wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt.“ Viel besser gefällt uns das Reisetagebuch von Heinrich und Christine Gondela aus dem Jahr 1802 „Auf der Reise ins Paradies“ oder gar besser die Reportage von Thomas Diehl: „Mit dem Wohnmobil ins Paradies“. Das Paradies ist, was wir uns darunter vorstellen. Zum Paradies kann wenig gehören. Manchmal reicht ein Reisemobil ... „Das Glück ist ein Dienst – das Gegenteil davon ist ungleich bequemer.“ Thomas Mann 35

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